Wie kann ich den Wahrheitsgehalt eines Gedankens überprüfen? Wahrscheinlich kam das mit der Erziehung, dass Sexuelles oder Liebestechnisches bei mir verpönt wurde, sodass ich nie damit in Verbindung kommen wollte. (So in etwa hab ich mich damals als Kind gefühlt) War daher übermäßig gewissenhaaft mit dem Gegengeschlecht umgegangen. Ja nichts falsches fühlen. Wenn ich mich z.B. nett mit jemandem unterhalten hatte, weil ich die Person auf menschlicher Basis sympathisch fand, habe ich mich stets zur Rechenschaft gezogen, ob ich vielleicht Gefühle für die Person hätte. Die Angst brachte körperliche Reaktionen mit sich und ich deutete sie damals als "Verliebtheitsgefühle" oder fraagte mich, weshalb ich überhaupt Angst habe? Sie müsste ja berechtigt sein, sonst wäre sie nicht da. Also kam dann der Gedanken auf, ich würde Gefühle für die Person hegen.
Das ist so mein Problem vor langer, langer Zeit gewesen. Irgendwann dachte ich, verdammt, du willst von diesen Personen nichts also ist da auch nichts. Und ich merkte, dass ich ein Problem mit dem Gegengeschlecht habe und nicht wusste, was Verliebtsein ist und was das definiert. Und dass mir das nicht bei einer Person, sondern mehreren Personen passierte. Ab dann wurde mir klar, es ist, warum auch immer, ein Problemfeld von mir. Wie gesagt, kam ich dieses Jahr darauf, dass ich unter Zwangsstörung leide und plötzlich ging über alle Lebensphasen ein Licht auf. (Z.B. weiß ich jetzt, warum ich ständig dem Teppichmuster nachgehen musste und dachte, sonst passiere meiner Familie etwas Schlimmes, Zwang halt.)
So jetzt kann ich wohl meinen Zwangsgedanken formulieren in:"Oh Gott, ich bin verliebt." oder "Schei*e, da ist ein Gefühl".
Ich hatte mich auch mal gefragt, ob ich homosexuell wäre, weil ich eben ein Problem mit dem Gegengeschlecht zu haben scheine und mich auf eine Nachricht von einer Freundin so freute, dass ich Herzklopfen hatte. Da mir dieser Gedanke weniger Angst machte, weil sie offensichtlich weniger wahrscheinlich wahr, dass ich mich in Frauen verliebe, verschwand er auch wieder. Allerdings taten diese Gedanken es bei Jungs weniger. Sie verschwanden nicht, sie wurden sesshafter.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass ich nicht wusste, wie ich Gefühle überhaupt einordne (Zwangsstörung ist ja zur gleicher Zeit eine Gefühlsstörung). Fand ich bsp. Frauen interessant, konnte ich sie als Freundinnen abtun oder als nette Menschen einfach. Aber war dies bei Jungs der Fall, überkam mich die Angst, dass das was m it dem Verliebtsein zu tun hatte.
Normalerweise wiederspiegeln Zwangsgedanken ja exakt das Gegenteil von ihren Inhalt in Personen wider. Also hat jemand Angst, homosexuell zu sein, ist er das eben keineswegs. Hat ein Mann Angst vor dem Pädophil sein, dann testet er sich nicht. Ein Pädophile weiß, dass er pädophil ist! Wenn ein Mädchen weint, weil es denkt, es liebe seinen Partner nicht, dann ist das nichts anderes als der Zwang! NAtürlich tut es das, sonst würde es nicht weinen und der Gedanken ihn so quälen.
Aber bei meinem Fall kann ich das nicht so deutlich sehen, das ist mein Problem. Die Liebe ist ein Grundbedürfnis. Das heißt, entweder, die Gedanken und Gefühle waren der Zwang, oder aber mein Zwang war der Gedanke oder die Angst ... versteht ihr mich ungefähr? Es ist so ähnlich wie ... eine sehr religiös erzogene Person ... die sich super gut mit ihrer Religion identifiziert. Alles, was gegen sie stoßt, widerspricht ihrem Selbstbild. So, und wenn so eine Person unter homosexuellen Zwangsgedanken leidet, wie soll sie da bloß rauskommen. Ich meine jetzt keine Angst wie sich zu Outen oder vor Ablehnung der Gesellschaft etc sondern die Person kann es eiiinnfach nicht mit sich selbst vereinbaren. So, das ist normalerweise Zwang. Meinst du, ein religiöser Mensch könnte so einen homosexuellen Zwangsgedanken haben und der Inhalt dieses Zwangsgedankens könnte trotzdem der Wahrheit entsprechen?
Das nur so als ein Beispiel bezüglich meiner Zwangsproblematik. Es ist dasselbe Muster ... Der Inhalt ist, wie typisch es beim Zwang ist, total unsinnig und als Außenstehnde kann man nicht verstehen, weshalb das einem Angst machen soll. Tja, das tut es aber. Wenn mir der Gedanke ziemlich egal wäre, hätte ich auch null Probleme. Er stört mich eben gewaltig. Noch ein Symptom für Zwangsgedanke. Aber vielleicht ist meiner wahr, oder eben nicht?
Sorry für den langen Text, aber auf Meinungen wäre ich sehr dankbar.