Monty, du bist den Dingen sehr nahe, vielen Dingen, empfinde ich.
Dabei bist du wahrhaftig kein Heiliger, wenn man liest, was du alles zugibst.
Doch das macht dich gerade interessant. Ein wenig dieser Einsichten und ich hätte noch eine Mutter, einen Bruder, einen besten Freund von früher, und wichtige andere Leute.
All diese haben sich abgewandt, sie wollen mit den richtig gesehenen anderen Seiten von mir nichts zu tun haben, weil die Seite, die sie nicht verkraften, zur Prüfung ihres Lebens wurde, die sie nicht bestanden.
Das Hauptargument ihrer Gegnerschaft ist: Solange der, ich zitiere "so helle" ist und zu allem seinen Kommentar hat, ist er kein bemitleidenswerter Kranker, sondern ein Böser. Die Menschen kapieren zwar, dass ein schwer Krebskranker auch über seine Krankheit reflektieren kann, Fachgespräche führen kann usw. und ihr troztdem erliegen mag, aber sie (wollen?) kapieren nicht, dass es im seelischen Bereich genauso ist, dass man geistig völlig normal erscheint, dass man Geschütze auffahren kann, dass man in andren Bereichen völlig normal ist und gleichzeitig auf seinem Krankheitsgebiet hilflos erscheint, hilfsbedürftig ist. Nein, das kapieren ein Großteil damit konfrontierter nicht. Die Folge ist, dass sie einen für böse halten, für unbelehrbar, ja sogar für "gemeingefährlich" (mein bester Freund mit dem ich aufwuchs).
Weißt du, wie das weh tut? Vor allem, weil man es nicht versteht, warum sie so hart sind, warum sich die eigenen Mutter von einem trennt usw. Ich sah gestern den Film "Der Untergang" und erkannte meine Mutter in Frau Göbbels wieder, die eiskalt ihre Kinder umbrachte. Ich sehe Parallellen. Wer sie versteht, o.k., wer nicht, dem brauche ich sie nicht erklären.
Mein früherer bester Freund meinte zum Beispiel, er könne mir zwei Jahre lang einen von seinem Weltreisen und seinem herrlichen Leben erzählen, was er sich philosophisch gesehen jetzt erlaubt. Als Folge müsste ich meinen "Käse" ablegen und mit ihm das Leben genießen. Tu ich das nicht, bin ich böse, unbelehrbar, hirnverbrannt, geistig unfähig etwas zu erkennen usw. Er hält sich dabei aber für äußerst intelligent und spricht mir jedes Unterscheidungsvermögen ab. Alles nur, weil ich immer noch Ängste habe und Zwänge.
Das bedeutet doch im Klartext, dass er nie akzeptiert hat und nicht akzeptieren will, dass Zwänge einen Menschen beherrschen, dass man nicht auskann. Er muss wohl meinen, sie seien einfach eine schlechte Angewohnheit und wer die nicht ablegt, ist seiner Freundschaft nicht wert. Man kommt sich dann vor, als sei man ein Pädophiler von dem man sich ekelnd abwendet.
Weiß jemand, wie weh das tut?
Warum sind die Menschen so? Warum sind angeblich intelligente Menschen so?
Warum sind Menschen so, die sich rühmen alle Philosophien der Welt zu kennen, über den Dingen zu stehen und ganz toll zu sein?
Was ich von ihm verlangte, war einzig, mir alle drei Wochen mal über Mail eine Frage zu beantworten. Ich schrieb ihm, wenn er mir diesen "Rollstuhl" zugesteht, dann kann ich auch auf ihn eingehen, mit ihm meine anderen Seiten leben usw., was er immer anforderte. Doch dies geschah nie, weil er stur behauptet, solange ich ihm solche "hirnverbrannten Fragen stelle" gibt es keine anderen Seiten, die ihn interessieren. Weiß jemand, wie das wehtut?
Und das ist nicht nur er, das ist meine Mutter, mein Bruder und einige andere.
Wie grausam, ein Leiden zu haben, was von so vielen Menschen missverstanden wird, und diese Schicht zieht sich durch "dumme, einfache" Menschen bis hin zu Ärzten und Intelektuellen. Alle Sorten von Menschen, bergen die, die nichts verstehen und die, die verstehen. Ich fühlel mich wie ein Prüfstein, der den wahren Mensch offenbart, wenn er mit meinem Leid konfrontiert wird.
Eigentlich interessant. Viele würden sich wünschen, durch ein Mittel zu prüfen, ob jemand ein wahrer Freund sein kann oder nicht. Viele würden gern so tief in jemand hinabsehen können. Die Zwänge machens möglich. Und siehe da, sogar meine Mutter ist kein "Mensch". Damit muss man dann auch leben. Aber sie bewies mir damit im Nachhinein, dass sie auch an den Anfängen beteiligt war, was sie nie zu geben will.
Na ja, Monty, jetzt weißt, du warum ich deine Einsichten deine Tochter betreffend so außergewöhnlich finde. Wie einfach ist es, zuzugeben, was man falsch gemacht hat, wenn es tief in einem stimmt. Dafür beglückwünsche ich dich und ich danke dir fürs Zuhören.
Pit
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Pit-2001« (7. Januar 2007, 12:16)